Land verbrennt in Halle acht Millionen Euro

von 18. November 2016

Das Land schmeißt allein beim Maritim acht Millionen Euro aus dem Fenster, weil das Haus für drei Jahre gemietet, aber nur für ein Jahr gebraucht wurde. Ein weiterer Millionendeal im Norden von Halle, wo eine weitere Aufnahmestelle entstehen sollte, wurde indes noch vor dem Desaster abgebogen.

Bis zu 640 Asylsuchende waren im ehemaligen Hotel „Maritim“ untergebracht. Wie inzwischen bekannt ist, kam selbst offiziell nicht einmal jeder zweite Eingereiste aus Syrien, sondern aus 34 anderen Staaten. Weil der Zustrom zumindest in Sachsen-Anhalt inzwischen stark abgenommen hat, gehen nun im Maritim die Lichter aus, doch der Mietvertrag mit Gesamtkosten von 12,6 Millionen Euro endet erst in zwei Jahren. Hallelife hat im Innenministerium des Landes Sachsen-Anhalt nachgefragt und veröffentlicht hier die Fragen und welche Antworten darauf Pressesprecher Christian Fischer übermittelt hat.

Hallelife: Wann zogen die ersten Flüchtlinge in das ehemalige Hotel ein und wie viele waren das anfangs?

Innenministerium: Am 1. Oktober 2015 erfolgte eine Erstbelegung mit 195 Bewohnern.

Wie viele Flüchtlinge befanden sich zu Zeiten der Spitzenbelegung im Haus?

Die Kapazität der im ehemaligen Hotelgebäude errichteten Landesaufnahmeeinrichtung betrug bis zu 640 Personen und wurde zeitweise ausgeschöpft.

Wann beschloss das Land, das Maritim als Flüchtlingsheim zu mieten?

In die Vertragsverhandlungen mit dem Vermieter ist man im August 2015 eingetreten. Der Mietvertrag wurde am 10. September 2015 unterzeichnet.

Für welche Zeit wurde der Vertrag für die Nutzung geschlossen (also wann endet der Vertrag)?

Das Mietverhältnis begann am 1. Oktober 2015 und endet am 30. September 2018.

Welche Miete ist für den gesamten Nutzungszeitraum vereinbart worden?

Die Miete beträgt pro Monat insgesamt 250.000 Euro. Die monatliche Vorauszahlung auf die Betriebs- und Nebenkosten beträgt 85.000 Euro. Insgesamt ergibt sich damit ein Betrag von monatlich 335.000 Euro und jährlich 4.200.000 Euro. (Anmerkung der Redaktion: Etwas stimmt nicht an der Rechnung, denn 12 Mal 335.000 Euro wären 4,02 Millionen Euro.)

Vor Wochen, wenn nicht Monaten hieß es bereits, dass sich kaum noch Flüchtlinge im Haus befinden. Wer hat diese Steuergeldverschwendung zu verantworten und was sagt der zuständige Minister Holger Stahlknecht dazu?

Aufgrund der Zugangssituation im September 2015 musste das Land tätig werden und so schnell als möglich neue Unterkünfte für die Erstaufnahme von Schutzsuchenden schaffen, um eine menschenwürdige Unterbringung aller Asylsuchenden gewährleisten zu können. Das ehemalige Hotel Maritim hat einen wesentlichen Bestandteil der Unterbringungskonzeption des Landes für die Erstaufnahme von Asylbegehrenden dargestellt. Neben den Unterkunftszimmern für Schutzsuchende wurde ein medizinisches Versorgungszentrum eingerichtet, in dem bis zu 200 Personen täglich erstuntersucht beziehungsweise behandelt werden konnten. Es wurde ferner die Verwaltung der Landesaufnahmeeinrichtung Halle (Saale) untergebracht, das heißt dass von diesem Standort aus zeitweise bis zu sieben Außenstellen mit einer Kapazität von rund 1000 Erstaufnahmeplätzen verwaltet wurden.

Mit Schließung der Balkanroute im März dieses Jahres hat sich der Flüchtlingszustrom abrupt massiv verringert. Seitdem hat sich die Zugangssituation an Schutzsuchenden stabilisiert. Das Land hat zwischenzeitlich seine Erstaufnahmekapazitäten von zirka 6700 Plätzen (Januar 2016) auf derzeit unter 4000 Plätze reduziert. Die Unterbringungskonzeption des Landes zu Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes sieht weiter vor, dass die Kapazitäten bis Anfang 2018 auf zirka 2000 reguläre Erstaufnahmeplätze reduziert werden.

Soweit ich weiß, war das ehemalige Maritim in Halle nur ein Durchgangslager. Wie viele Flüchtlinge insgesamt durchliefen das Haus vom ersten bis zum letzten Tag gerechnet?

Die kumulativ in der Einrichtung untergebrachten Schutzsuchenden können nicht festgestellt werden. Eine entsprechende Statistik wurde nicht geführt. Es wurden lediglich die Daten für die gesamte Landesaufnahmeeinrichtung Halle (Saale), das heißt der Liegenschaft Maritim zuzüglich der der LAE zugeordneten Außenstellen, erhoben. Demnach durchliefen 4266 Asylsuchende die Landesaufnahmeeinrichtung Halle (Saale). Die Angaben zu den Fragen 8 und 9 stehen hierzu im Bezug.

Wie viele Syrer waren unter diesen Flüchtlingen?

Unter den Asylsuchenden waren 2031 Syrer.

Welche Nationalitäten waren seit Herbst 2015 im Maritim untergebracht?

Die in der LAE untergerbachten Schutzsuchenden stammen aus folgenden Herkunftsländern: Afghanistan, Albanien, Algerien, Äthiopien, Bangladesch, Benin, Bosnien und Herzegowina, Burkina Faso, Dschibuti, Elfenbeinküste, Eritrea, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Indien, Irak, Iran, Kosovo, Libanon, Mali, Marokko, Niger, Pakistan, Palästina, Russische Föderation, Saudi-Arabien, Senegal, Serbien, Somalia, Syrien, Tunesien, Türkei, Usbekistan, Vietnam.

Es heißt, dass das Land nun ein neues Konzept für die Flüchtlinge hat. Wie genau sieht dieses neue Konzept aus?

Der Planung wurden für 2017 und 2018 Jahreszugänge von jeweils zirka 5600 Schutzsuchenden zugrunde gelegt. Dies entspricht in etwa der aktuellen Zugangssituation. Hieraus resultierend werden zur Unterbringung der Schutzsuchenden insgesamt 1950 aktive Plätze benötigt. Darüber hinaus wird eine Reservekapazität für Zugangsspitzen im Umfang von zirka 500 Erstaufnahmeplätzen vorgehalten. Die derzeit noch rund 4000 Erstaufnahmeplätze können aufgrund bestehender vertraglicher Verpflichtungen nur schrittweise abgebaut werden. Standorte, bei denen der Bewirtschaftungsvertrag vor Ablauf des Mietvertrags endet, werden zum nächstmöglichen Zeitpunkt außer Betrieb genommen. Die Unterbringungskonzeption des Landes zu Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes sieht vor, dass die Kapazitäten bis zum Juni 2017 auf zirka 2400 aktive Erstaufnahmeplätze reduziert werden. Zum 1. Januar 2018 wird das Land 1990 aktive Erstaufnahmeplätze vorhalten, was dem ermittelten Unterbringungsbedarf entspricht. Um den administrativen und logistischen Aufwand auf ein Minimum zu reduzieren, soll die dauerhafte Unterbringung der Schutzsuchenden perspektivisch an zwei Standorten, in Halberstadt sowie in Stendal, erfolgen.