Schorlemmer stellt Buch vor

von 19. September 2009

Der Theologe und DDR-Oppositionelle Friedrich Schorlemmer hat am Freitagabend im Kunstforum der Sparkasse in Halle (Saale) sein Buch “Lebenswege” vorgestellt. Der 65jährige, der in der Wendezeit an dem Aufruf “Für unser Land” beteiligt war, erlaubt darin einen Blick in sein Leben.

Aus Anlass der Buchvorstellung diskutierte Schorlemmer zudem öffentlich mit Halles Sparkassenchef Friedrich Stumpf. Dabei ging es natürlich um die politische Wende, um Ost und West. Und um die noch immer in den Köpfen bestehende Mauer. Und auch wenn noch längst nicht alles in Ordnung ist, “wir können froh sein wie es gekommen ist”, so Schorlemmer. Er erinnerte an das Aussehen der Stadt Halle zum Kirchentag 1988.

Viel besser sah es auch im Oktober 1990 nicht aus, wusste Friedrich Stumpf zu berichten. “Wenn ich damals meine Frau mitgenommen hätte, säße ich heute nicht hier.” Doch die Frau blieb zu Hause, Stumpf machte beim Bewerbungsgespräch offenbar einen guten Eindruck und landete in der Sparkasse Halle. Am 2. Januar 1992 trat er seinen Dienst an. Damals noch in einer Schalterhalle, die nicht offen war. Die Bankangestellten saßen hinter dicken Scheiben, nur durch ein kleines Loch kommunizierte man mit den Kunden. Doch die sah man damals ja nach 40 Jahren DDR noch gar nicht so. Und bekam Stumpf erst einmal zu hören, er sei am falschen Schalter.

Nun kommt Stumpf selbst aus dem Westen. Doch gut zu sprechen ist er auf sie nicht. Anfang der 90er seien Horden aus dem Westen eingefallen, hätten die ahnungslosen Mitarbeiter überrumpelt. Viel Geld ging verloren. Fortan mussten Westdeutsche dreimal mehr ausfüllen als Einheimische.

Ein großer Fehler sei es gewesen, die ganzen Führungspositionen mit Westdeutschen zu besetzen, so Stumpf. Viele gingen nach kurzer Zeit wieder. “Da hat man gemerkt: die kochen auch nur mit Wasser. Und dann ist es möglicherweise nicht ganz rein. Deshalb schüttet man es weg und sucht frisches Wasser.” Nur wenige blieben, so auch Stumpf. Mittlerweile habe er hier viele Freunde gefunden. “Halle war für mich eine große Chance.” Ob er die Rente in seiner alten Bank erreicht hätte weiß er nicht. “Ich war Filialleiter einer Großbank. Die Bank ist heute fusioniert, die Mitarbeiter entlassen.”

Mittlerweile haben auch wieder Ostdeutsche die Chance, vorn mitzuspielen. Aber auch da geht’s nicht immer ganz koscher zu. Alte Verbindungen (Seilschaften) scheinen da laut Stumpf auch noch eine Rolle zu spielen.

Das größte Problem für die Sparkasse ist aber mittlerweile der Bevölkerungswandel. Er macht dem Kreditinstitut zu schaffen. Immer mehr ältere Menschen, weniger junge. Fachkräfte und Azubis fehlen. Auch große Industriebetriebe gibt es nicht. “Alles sind nur Filialen. Wir brauchen aber Unternehmenssitze.”

Doch auch aktuelle Themen wurden angesprochen, zum Beispiel Äußerungen von Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm, der Gewaltexzesse im Osten mit der Verbreitung der Kirche in Verbindung brachte. Für Schorlemmer absurd. Da könne man auch sagen, an dem totgeprügelten Mann in der Münchner U-Bahn sei die katholische Kirche schuld.

Das Buch "Lebenswege" ist im Mitteldeutschen Verlag erschienen.