Rechtsstaat feiert Jubiläum

von 26. Oktober 2010

Mit einem akademischen Festakt im Löwengebäude der Uni Halle hat das Land „20 Jahre rechtsstaatliche Justiz in Sachsen-Anhalt“ gefeiert. Justizministerin Angela Kolb verwies in ihrem Grußwort auf einen bekannten Ausspruch von DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley: „Wir wollen Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat.“ Problematisch sei, dass sich die Auffassungen darüber, was im Einzelfall als gerecht gelten darf, sehr unterscheiden. „Auch das ist keine Überraschung, da die jeweiligen Ansätze vor dem Hintergrund wertbezogener Postulate formuliert werden. Sie sind von religiösen und weltanschaulichen Vorverständnissen beeinflusst und bilden sich mit der Entwicklung der Kulturen natürlich weiter. Auch darauf nimmt das Prinzip Rechtsstaat freilich Rücksicht. Es entscheidet sich – das mag gelegentlich zu Vermittlungsschwierigkeiten führen – gerade nicht für eine ganz bestimmte Deutung des Gerechtigkeitsbegriffs. Der Rechtsstaat verkennt die Subjektivität und Relativität wertbezogener Postulate nicht und nimmt zum Ausgangspunkt, dass Gerechtigkeit in einem freiheitlichen Staats- und Gesellschaftssystem immer als Plural verstanden werden muss, nämlich gleichsam als Abbild ganz unterschiedlicher Gerechtigkeitsideale. Dies führt in der Realität zu einem politischen Wettbewerb um mehrheitsfähige Lösungen, soweit es darum geht, gegebene Spielräume mit neuen Gesetzen auszufüllen“, so Kolb.

Vorträge zum Festakt hielten die ehemalige Präsidentin des Goethe-Instituts, Jutta Limbach, und Jura-Professor Michael Killian, der Richter am Landesverfassungsgericht ist. „Recht haben und Recht bekommen ist ein Unterschied“, meinte Killian. Nach der Wende hätten die Einwohner der neuen Bundesländer schnell den Rechtsstaat entdeckt, „und geklagt was das Zeug hält.“ Nach 20 Jahren gebe es keinen Unterschied mehr zwischen Rechtsstaat Ost und Rechtsstaat West.

Im Rahmen der Feierlichkeiten wird am kommenden Samstag im Landgericht die Ausstellung „20 Gerichtsgebäude in Sachsen-Anhalt – 20 Jahre rechtsstaatliche Justiz in Sachsen-Anhalt“ eröffnet. Der Rechtshistoriker Prof. Dr. Heiner Lück von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hat die Ausstellung konzipiert und besondere Gerichtsbauten in ganz Sachsen-Anhalt in den Mittelpunkt gestellt. Die Präsentation wird bis zum 3. Dezember 2010 während der Öffnungszeiten im Landgericht Halle zu sehen sein.