Klagen gegen Flugrouten abgewiesen

von 6. Juli 2012

 Fluglärm ist vor allem im Osten und Süden von Halle (Saale) immer wieder ein Thema, auch in Bürgerversammlungen. Zwei Hallenserinnen hatten vom Dröhnen aus der Luft genug. Sie zogen vor das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen. Doch ihre Klagen wurden nun abgewiesen. Das Gericht hat die Abweisung der Klage im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Festlegung der Abflugverfahren nur einer Überprüfung auf Einhaltung der “Willkürgrenze” unterliege und deshalb ein plausibler Grund für die Einführung der Flugroute ausreichend sei, heißt es von der zuständigen Anwaltskanzlei. Außerdem sprachen die Richter von einem „Verteilungsfall“ von Fluglärm, weil jede denkbare Routenvariante zu vergleichbaren Lärmbelastungen führen würde und es deshalb nur noch darum ginge, wer im Ergebnis die Lärmbelastung zu tragen habe. Diese Lärmbelastung, so das Gericht, überschreite nicht die Schwelle der Zumutbarkeit und sei deshalb von den Anwohnern hinzunehmen, obwohl die Flugbewegungen vor allem in der Kernzeit der Nacht stattfinden. Grund für die Klage: dass auch hallesche Gebiete von Fluglärm tangiert werden, sei im Vorfeld nicht erkennbar gewesen. Auch der Stadt Halle war vom Flughafen versprochen worden, dass über Halle nie geflogen würde. Aus diesem Grund hatten die beiden Klägerinnen Häuser in Halle-Ost gebaut. Die Neufestsetzung der Flugrouten vereitele ihren Wunsch von einem Familienleben in einem ruhigen Gebiet und entwerte das Grundstück, begründeten die Klägerinnen den von ihnen eingeschlagenen Gerichtsweg.  „Das Gericht hat aus meiner Sicht die Bindung, welche der Planfeststellungsbeschluss auch bei der Flugroutenfestsetzung erzeugt, nicht hinreichend gewürdigt“, zeigt sich Rechtsanwältin Franziska Heß von der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte enttäuscht. „Auch die Annahme, das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung habe einen so weiten Entscheidungsspielraum, dass das Gericht im Ergebnis nur eine Willkürkontrolle vorzunehmen habe, halte ich angesichts der für die Hallenser Bürger im Planfeststellungsverfahren nicht erkennbaren Betroffenheit durch Fluglärm für verfehlt. Schließlich mutet die Behauptung, Halle-Ost solle nicht von dem Ziel der Planfeststellung, die Hallenser Stadtgebiete von Fluglärm zu entlasten, profitieren, schon fast zynisch an.“ Rechtsanwalt Wolfgang Baumann zieht Parallelen zu dem Flugrouten-Streit in Berlin: „ Es ist an allen Flughafenstandorten das gleiche unwürdige Spiel. Die Behörden und der Flughafen erklären während des Planfeststellungsverfahrens unisono, dass am Wohnort der späteren Betroffenen kein Fluglärm zu erwarten sei, da dort Flugrouten nicht vorbeiführen werden. Nach Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses und der Inbetriebnahme des neuen oder erweiterten Flughafens sind ganz andere Personen lärmbetroffen, als vorher angegeben wurde. Die Gerichtsbarkeit nimmt sich dieses Konfliktes bisher nur völlig unzureichend an: Im Planfeststellungsbeschlusses ist keine Regelung für Flugrouten gesetzlich vorgesehen, sodass der Fehler nur bei der Flugroutenregelung liegen kann. Die Festlegung der Flugrouten wird fast ausnahmslos rechtmäßig sein, weil Gerichte nur überprüfen, ob die geregelten Flugrouten nach völlig unsinnigen und willkürlichen Kriterien festgesetzt worden sind. Damit haben die Kläger gegen Flugrouten keine Chance. Das ist ein rechtlicher Missstand. Nachdem die Gerichtsbarkeit entweder nicht willig oder nicht in der Lage ist, diese für die Lärmbetroffenen fatale Situation erträglich zu regeln, ist der Deutsche Bundestag aufgerufen, eine vernünftige gesetzliche Regelung zu schaffen.“ Man werde nun das Urteil ausführlich prüfen und gemeinsam mit den Mandanten entscheiden, ob gegen die Entscheidung Nichtzulassungsbeschwerde mit dem Ziel einer Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht einlegt wird.