“Bildung für Vielfalt” – CSD 2010 in Halle

von 5. September 2010

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Geschichte:

CSD steht für Christopher Street Day. Ein Festtag, Gedenktag und Demonstrationstag von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender. Gefeiert und demonstriert wird für die Rechte dieser Gruppen sowie gegen Diskriminierung und Ausgrenzung. Der CSD erinnert an den Aufstand von Homosexuellen gegen die Polizeiwillkür in der New Yorker Christopher Street im Stadtviertel Greenvich Village. Am 28. Juni 1969 fand in der Bar Stonewall Inn der sogenannte Stonewall-Aufstand statt. Erstmals wehrten sich Homosexuelle mit der Unterstützung von Freunden und Sympathisanten aus dem gesamten Viertel gegen Razzien der Polizei in Kneipen mit homosexuellem Zielpublikum.

Aktuelles:

Die SchwuLesBische Interessengemeinschaft BBZ „lebensart“ e.V. veranstaltet in Kooperation mit dem Ersten Halleschen schwul-lesbischen Sportverein „Saaleperlen e.V.“ sowie der AIDS-Hilfe Halle e.V. und dem Dornrosa e.V. am kommenden Samstag den CSD Halle.

Schirmfrau des diesjährigen Christopher Street Day ist Dr. Petra Sitte, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Bundestag und Mitglied des Stadtrates von Halle. Eine Frau, welche sich seit Jahren mit für die Gleichstellung von Homosexuellen engagiert. Schirmherr ist Norbert Bischoff (SPD) Minister für Gesundheit und Soziales in Sachsen-Anhalt.

In Sachen Gleichstellung von Lesbian, Gay, Bisexual und Trans gibt es in Deutschland noch einiges zu tun. So hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 21. Juli 2010, die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz für verfassungswidrig erklärt.

Seit Jahren kämpfen Homosexuelle, Bisexuelle und Trans für eine Erweiterung des Gleichheitsartikels im Grundgesetz. Ergänzt werden soll der Art.3 Abs.3 GG um die Worte „sexuelle Identität“. Ein Verbot der Benachteiligung aufgrund der sexuellen Orientierung ist auf europäischer Ebene schon Standard. Der LSVD stellt sich die Frage: Warum soll dies im deutschen Grundgesetz nicht möglich sein?

Der diesjährige CSD in Halle steht unter dem Motto „Bildung für Vielfalt“. Veränderungen im Bildungsbereich in Sachsen- Anhalt sind für die Organisatoren der Kundgebung unabdingbar.

In ihrem Aktionsplan gegen Homophobie und Diskriminierung fordern sie unter anderem das Themenfeld „Sexuelle Orientierungen – Vielfalt, gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Homophobie und Diskriminierung“ als verbindlichen Unterrichtsbestandteil in die Rahmenrichtlinien von relevanten Fächern, in denen das Thema bislang fehlt, aufzunehmen.
Die Einbeziehung der Thematik „Gleichgeschlechtliche Liebe/Partnerschaften“ in den Grundschulunterricht sei eine wichtige Voraussetzung um Diskriminierung abzubauen, so der Diplom Sozialpädagoge Ants Kiel. Eine weitere Forderung ist, dass
in den Bereichen Schule, Jugendhilfe und Sozialarbeit Tätige in adäquater Form zum Themenfeld „Sexuelle Orientierungen – Vielfalt, gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Homophobie und Diskriminierung“ verpflichtend fortgebildet werden. Insbesondere sollen für Schule und Jugendhilfe verantwortliche Schlüsselpersonen informiert und zu diesem Themenfeld geschult werden. Die Bildungsarbeit, so der Vorschlag, könnte über eine Regel-Förderung – beispielsweise durch die Schaffung von mindestens zwei halben Stellen bei freien Trägern in Sachsen-Anhalt finanziert werden.

Termine:

Gestartet werden soll die CSD- Woche am 6. September um 17.00 Uhr mit der Eröffnungsveranstaltung im BBZ „lebensart“, Beesener Straße 6. Gezeigt wird der Dokumentarfilm mit dem provozierendem Titel „Schwule Sau“. „Schwul“und „Schwuchtel“ sind zu Standard-Schimpfwörtern auf deutschen Schulhöfen geworden. Manche Lehrer sagen entschuldigend: Das sei ja nicht so gemeint. Der Film zeigt, was passieren kann, wenn verbale Gewalt nicht schon auf dem Schulhof unterbunden wird. Im Anschluss an den Film folgt eine Diskussionsrunde zu der VertreterInnen des Kultusministeriums, des Landesinstitutes für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt und freier Träger, die Bildungsarbeit zur Thematik in Sachsen-Anhalt leisten, eingeladen sind. Ants Kiel wird eine Recherche im Bildungsbereich und die Forderungen zum CSD Halle 2010 vorstellen. Ab 19.00 Uhr ist dann der Grillabend eröffnet.

Am Dienstag warten dann die L-Wort Häppchen im Dornrosa e.V.. Die einen finden es kitschig und zu kommerziell, die anderen lieben die Serie und können nicht genug davon bekommen sich vorzustellen eines Morgens tatsächlich in "The L-Word" aufzuwachen. Los geht´s 19.30 Uhr.

Am Mittwoch laden die Schwusos Sachsen-Anhalt ab 19.00 Uhr ins BBZ lebensart e.V. ein. Regenbogenfamilien aus Halle und Leipzig berichten über ihre Erfahrungen im Alltag. Auch das Adoptionsrecht und die damit verbundenen Probleme sollen erörtert werden. Eingeladen ist unter anderem die Sprecherin für Frauen- und Gleichstellungspolitik in der SPD-Landtagsfraktion Renate Schmidt.

Am Donnerstag folgt die Gesprächsrunde Lebenspartnerschaft im Praxistest – eine Diskussion mit Eduard Stapel, Mitbegründer des LSVD und Susanne Wildner, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Halle (Saale). Ab 20.00 Uhr im Galeriecafé der AIDS – Hilfe Halle e.V..

(Weitere Infos zur CSD-Woche findet Ihr im Halleforum – Veranstaltungskalender unter Queer in Halle.)

Den Aktionsplan gegen Homophobie und Diskriminierung lesen Sie auf Seite 2:
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Aktionsplan gegen Homophobie und Diskriminierung im Bereich Bildung für Sachsen-Anhalt

Vorschläge und Forderungen an die Landesregierung bzw. Schulverantwortliche (Beschluss der CSD-Vorbereitungsgruppe Halle vom 29.06.2010)

1. Überarbeitung des Erlasses zur schulischen Sexualerziehung und anderem dahin gehend, dass das Themenfeld „Sexuelle Orientierungen – Vielfalt, gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Homophobie und Diskriminierung“ verbindlich in all seiner Komplexität darin ausgeführt und qualifizierte schulexterne Angebote explizit empfohlen werden

2. Aufnahme des Themenfeldes „Sexuelle Orientierungen – Vielfalt, gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Homophobie und Diskriminierung“ als verbindlicher Unterrichtsbestandteil in die Rahmenrichtlinien von relevanten Fächern, in denen das Thema bislang fehlt

3. Einbeziehung der Thematik „Gleichgeschlechtliche Liebe/Partnerschaften“ und geeigneter Kinderbücher in den Unterricht aller Grundschulen

4. In den Bereichen Schule, Jugendhilfe und Sozialarbeit Tätige sollen in adäquater Form zum Themenfeld „Sexuelle Orientierungen – Vielfalt, gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Homophobie und Diskriminierung“ verpflichtend aus- und fortgebildet und zum Umgang mit
dem Themenfeld befähigt werden. Insbesondere sollen für Schule und Jugendhilfe verantwortliche Schlüsselpersonen informiert und zu diesem Themenfeld geschult werden.

5. Finanzierung der Bildungsarbeit zum Themenfeld „Sexuelle Orientierungen – Vielfalt, gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Homophobie und Diskriminierung“ über eine Regel-Förderung – beispielsweise durch die Schaffung von mindestens zwei halben Stellen bei freien Trägern in Sachsen-Anhalt

6. Schulen und Jugendeinrichtungen sollen über ausreichend Informationsmaterial zur Thematik verfügen. Dieses wird den Jugendlichen und Eltern in geeigneter Form niedrigschwellig zur
Verfügung gestellt.

7. Aufnahme von Spielfilmen auch mit lesbischer Thematik sowie aktueller didaktischmethodischer Materialien in den Bestand der Schul-Medienstellen

8. Prüfung einer Übernahme der Handreichung „Schule unterm Regenbogen –
HeteroHomoBiTrans Lebensweisen im Unterricht an den Schulen im Land Brandenburg“ zur Nutzung in den Schulen von Sachsen-Anhalt

9. Aktualisierung und Erweiterung des Internetangebots des Landes Sachsen-Anhalt zu Angeboten qualifizierter schulexterner bzw. freier Träger im Rahmen der Sexualerziehung und Antidiskriminierungsarbeit.

AIDS-Hilfe Halle e. V.
Böllberger Weg 189, 06110 Halle (Saale), http://halle.aidshilfe.de
Begegnungs- und Beratungszentrum “lebensart” e. V.
SchwuLesBische Interessengemeinschaft (nicht nur) für Halle
Beesener Straße 6, 06110 Halle (Saale), www.bbz-lebensart.de
Dornrosa e. V. – Frauenzentrum Weiberwirtschaft
Karl-Liebknecht-Str. 34, 06114 Halle (Saale), www.weiberwirtschaft-halle.de
Saaleperlen e. V. – Erster Hallescher schwul-lesbischer Sportverein
Geiststraße 56, 06108 Halle (Saale), www.saaleperlen.de