IHK Halle-Dessau rechnet mit wirtschaftlicher Abkühlung

von 12. Juli 2012

 Nachdem die Stimmung in der regionalen Wirtschaft bislang überwiegend sehr gut war, ist aktuell eine deutliche Eintrübung zu verzeichnen. Die Abwärtsbewegung erfasst Unternehmen in den meisten Branchen. Das Konjunkturklima kühlt sich merklich ab. Der Geschäftsklimaindex der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) halbiert sich vom ersten auf das zweite Quartal 2012 auf 11,1 Punkte. Zu diesen Ergebnissen kommt die IHK in ihrem aktuellen Konjunkturbericht. Geschäftslage und -erwartungen verschlechtern sich im Vergleich zum Vorquartal und zum Vorjahr: „Während die Zahl der Unternehmen, die ihre Lage als gut beschreiben, noch immer die Zahl derer übersteigt, die von einer schlechten Lage berichten, sind bei den Erwartungen die Pessimisten wieder in der Überzahl. Damit ist die schwache Entwicklung in weiten Teilen des Euroraums nun auch in der regionalen Wirtschaft zu spüren“, erläutert Dr. Christof Wockenfuß, Leiter Standortpolitik der IHK. Allerdings ließen relativ stabile Investitions- und Beschäftigungspläne keinen dramatischen konjunkturellen Einbruch befürchten: „Die Beschäftigungspläne trüben sich zwar ein, fallen aber nur leicht in den negativen Bereich. Und es wollen noch immer mehr Unternehmen ihr Investitionsniveau erhöhen als herunterfahren.“ IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Thomas Brockmeier warnt mit Blick auf die Diskussion um einen gesetzlichen Mindestlohn vor negativen Einflüssen auf den Arbeitsmarkt: „Wer mit Mindestlöhnen Sozialpolitik betreibt, wird Schiffbruch erleiden. Der Lohn ist schließlich ein Preis, der am Markt verdient werden muss. Im übrigen: Ein Mindestlohn nützt nur dem, der ihn auch tatsächlich bekommt!“ So sei es unwahrscheinlich, dass alle heute Beschäftigten von einem gesetzlichen Mindestlohn profitieren würden. Vielmehr würde die tragbare Lohnsumme auf entsprechend weniger Arbeitnehmer aufgeteilt. Konkret: Entlassungen vor allem bei Geringqualifizierten; die Probleme am Arbeitsmarkt würden verschärft. Brockmeier betont: „Die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn ist ein typisches Beispiel für soziale Leidenschaft, die Gutes will und Schlechtes schafft, nämlich Arbeitsplatzabbau per Gesetz.“ Die Ergebnisse des IHK-Konjunkturberichtes im Einzelnen: In der Industrie zeichnet sich ein konjunktureller Abschwung ab. Das Geschäftsklima sinkt im aktuellen Quartal auf 14,7 Prozentpunkte. Die Geschäftslage geht das vierte Mal in Folge zurück. Grund dafür sind deutliche Verschlechterungen bei der Gewinnlage und den Auftragseingängen aus dem Inland im aktuellen Quartal. Auch die Erwartungen der Industriebetriebe verschlechtern sich. Dabei wird per Saldo auch mit sinkenden Absätzen in der Region gerechnet. Das Baugewerbe profitiert weiter vom Trend zu „Betongold“. Hier geht der  Geschäftsklimaindex gegenüber dem Vorquartal auf 16,5 Punkte zurück, liegt aber weiterhin über dem Vorjahreswert. Die Umsätze und Auftragseingänge sind im abgelaufenen Quartal per Saldo gestiegen. Der private Wohnungsbau und insbesondere auch der Wirtschaftsbau sorgten hier für zusätzliche Aufträge. Die aktuell äußerst niedrigen Zinsen in Verbindung mit hohen Inflationserwartungen sorgen für eine anhaltende „Flucht“ in Sachwerte. Die Geschäftserwartungen sind allerdings nicht mehr so überschwänglich wie noch im Vorquartal: es wird keine wesentliche Veränderung erwartet. Im Dienstleistungsgewerbe hält sich die positive Stimmung. Der Geschäftsklimaindex sinkt gegenüber dem Vorquartal nur leicht auf 13,7 Prozentpunkte und erreicht das Niveau des Vorjahresquartals. Damit bleibt die Stimmung in der Branche erneut erfreulich stabil. Die Geschäftslage liegt deutlich unter dem Niveau der letzten zehn Quartale, wenngleich noch in einem solide positiven Bereich. Der Saldo der Geschäftserwartungen fällt zwar aktuell, liegt damit aber noch deutlich über dem Niveau der letzten zwei Jahre. Im Handel sorgt der Einzelhandel für Stabilität und verhindert eine stärkere Abkühlung. Der Geschäftsklimaindikator trübt sich nach den Aufhellungen im Vorquartal wieder ein und liegt mit -0,1 Prozentpunkten deutlich unter dem Vor- und Vorjahresquartal. Die Geschäftslageeinschätzung bleibt dabei per Saldo weiterhin klar im positiven Bereich. Der Saldo der Erwartungen fällt dagegen deutlich und liegt damit wieder unter dem Niveau des Vorjahres. Im Verkehrsgewerbe hat sich das Klima beruhigt, der Kostendruck bleibt aber weiter bestehen. Der Geschäftsklimaindex für die Branche ist mit 7,8 Punkten nahezu unverändert. Auftragseingänge und Umsätze werden als stabil angegeben. Die Gewinnlage hat sich für einen großen Teil der Unternehmen aber erneut verschlechtert. Die nach wie vor hohen Kraftstoffpreise dürften hier eine Rolle spielen. Die Geschäftserwartungen trüben sich aktuell leicht ein und fallen unter die Nulllinie zurück.