Kritik an Koalitionsverhandlungen zur Wissenschaft

von 5. April 2011

Studenten fürchten um die Qualität ihrer Ausbildung. Deshalb haben sie am Montag vor dem Landtag in Magdeburg gegen Pläne von CDU und SPD protestiert, die Wissenschaft aus dem Kultusministerium auszugliedern und dem Wirtschaftsministerium zuzuordnen.

„Dieser Vorschlag setzt die verhängnisvolle Hochschulpolitik der bisherigen Landesregierung fort, die bereits in der vergangenen Legislaturperiode einen Umbau der Hochschulen nach Maßstäben von Verwertbarkeit und formaler Effizienz vorangetrieben hat“, heißt es vom GEW Landesausschuss der Studentinnen und Studenten (LASS). „Wir sind erschrocken über die Unverblümtheit, mit der an dieser Stelle Bildung und Wissenschaft den Interessen der Wirtschaft untergeordnet werden sollen. Zudem zeugt das Geschacher um Ministerkompetenzen hinter verschlossenen Türen ohne vorherige Gespräche mit den direkt Betroffenen von einem erschreckenden Demokratiedefizit der beteiligten PolitikerInnen“, steht in dem gemeinsamen Aufruf.

Scharf kritisiert auch die Grünen-Landesvorsitzende Claudia Dalbert zudem die Überlegungen. "Das kann nur als irrwitzig bezeichnet werden und würde den Sinkflug der sachsen-anhaltischen Hochschullandschaft einleiten." Es bestehe die Befürchtung, dass die Universitäten dann von ihrer eigentlichen Aufgabe weggedrängt würden und zu Einrichtungen der Auftragsforschung verkommen. "Die primäre Aufgabe der Universität ist die Wissenschaftsausbildung und die freie Forschung allein zum Ziele des Erkenntnisgewinns. Genau damit ist Deutschland bislang gut gefahren." Es sei Merkmal der universitären Forschung, dass sie nicht in erster Linie wirtschaftlichen Zwecken unterworfen ist. "Echte Innovation entsteht nicht durch die Weiterführung des Bekannten, sondern eben gerade unvorhersehbar, an unerwarteten Stellen, eben nur weil Menschen um Erkenntnis gerungen haben. Bei einer Zuordnung des Hochschulbereichs zum Wirtschaftsministerium besteht die Gefahr, dass die vermeintliche Verwertbarkeit von Forschung und der Fachkräftemangel zur Leitschnur der Hochschulpolitik wird. Damit wäre eine geistige Verarmung der Universitäten nicht mehr aufzuhalten,“ so Claudia Dalbert abschließend.

„Die Wissenschaft verstärkt unter Kuratel der Wirtschaft zu stellen, birgt die erhebliche Gefahr, nur noch schnell vermarktbaren Forschungsergebnissen hinterher zu hecheln“, erklärte der Vorsitzende der Linken-Fraktion Wulf Gallert. „Damit werden die Wissenschaften und die Künste über kurz oder lang ihrer unverzichtbaren demokratischen und humanistischen Funktionen beraubt. Zudem ist die Grundlagenforschung bedroht. Auf diese Weise wird das Fundament einer leistungsfähigen Innovationspolitik kurzfristigen Renditeerwartungen geopfert.“ Gefahr drohe nach Angaben von Gallert auch der akademischen Lehre und dem akademischen Studium. „Schon jetzt sind im Zuge des Bologna-Prozesses nicht wenige Studiengänge derart komprimiert, dass am Ende nur eine „Jobausbildung“ auf hohem Niveau bleibt. Ein akademisches Studium darf nicht nur unter dem Aspekt der Anforderungen der Wirtschaftsunternehmen an die künftigen Absolventinnen und Absolventen gesehen werden. Es muss auch weiter den Zugang zu breiter humanistischer Bildung eröffnen, interdisziplinären Charakter tragen und gesellschaftliches Engagement möglich machen. Nur dann werden Kreativität, Schöpfertum und Verantwortung wachsen können. Es muss alles getan werden, um dafür bessere Bedingungen an den Hochschulen zu schaffen. Die Sorge ist aber groß, dass die Weichen gerade in die völlig falsche Richtung gestellt werden.“