Land hält weiter an Saalekanal fest

von 5. Oktober 2011

Viel Neues konnte Verkehrsminister Thomas Webel bei der Saalekonferenz in der Händelhalle in Halle (Saale) am Dienstag nicht berichten. Und so waren es vor allem altbekannte Durchhalte-Ausrufe, die die Gäste zu hören bekamen. Neu war einzig eine Umfrage des INFO-Meinungsforschungsinstuts aus Berlin, dessen Ergebnisse vorgestellt wurden.

Demnach sind 1.000 Personen in der Region zum Fluss und auch nach ihren Parteipräferenzen befragt worden. Drei Viertel der Befragten (74 Prozent) sind der Umfrage zufolge der Meinung, dass die Schifffahrt auch künftig für Transporte und Tourismus möglich sein sollte. 21 Prozent hingegen wollen eine Flussrenaturierung. Vor allem die Wähler von Linkspartei, CDU und SPD waren für die Binnenschifffahrt. Verkehrsminister Thomas Webel hob aber explizit auch eine 65-prozentige Zustimmung bei den Grünen-Wählern hervor, und sieht sich damit in seiner Politik bestätigt. Zudem sei mit 62 Prozent eine deutliche Mehrheit für die Forderung des Landes an die Bundesregierung, den möglichen Bau eines Saale-Seitenkanals objektiv zu prüfen. 21 Prozent wollen sogar den Druck erhöhen, 29 Prozent wollen den Saalekanal beerdigen. Das Fazit der Landesregierung: der Saaleausbau ist nötig und gewollt. Zudem solle die Elbe an 345 Tagen im Jahr schiffbar sein, brauche daher eine Fahrrinnentiefe von 1,60 Meter. Angesichts kritischer Stimmen geraden von Umweltschützern oder Anwohner sagte Webel, man dürfe nicht nur das Klientel vor Ort am Fluss betrachten, sondern die Situation insgesamt.

Die Wasserstraße sei der einzige nicht ausgelastete Transportweg. Das Binnenschiff sei ein umweltfreundliches und sicheres Verkehrsmittel. 2,5 bis 3,6 Tonnen Fracht könnten Webels Worten zufolge auf das Schiff umgeladen werden, dies hätten Befragungen der Unternehmen ergeben. Dies bedeute 100.000 Lkw im Jahr weniger und damit auch weniger Umweltprobleme und weniger Verschleißt an den Straßen. Lediglich drei Schiffe seien in den letzten sechs Jahren im halleschen Hafen angekommen. Möglich gewesen wären von der Kapazität her 15.000 Schiffe, so Webel. „Also 600.000 Lkw.“ Doch die zu verlagernden Mengen hält Ernst Paul Dörfler vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) für „unwahrscheinlich und fragwürdig“. Das beste Beispiel verfehlter Prognosen sei die Trogbrücke über die Elbe am Wasserstraßenkreuz Magdeburg. „Geplant waren anfänglich im Ost-West-Verkehr 25 Millionen Tonnen im Jahr“, so Dörfler. Fast zehn Jahre nach der Einweihung würden die Transportmengen jedoch unter drei Millionen Tonnen im Jahr liegen. „Soviel wie vor dem Bau der Brücke transportiert wurde“, meint Dörfler. Dabei könnten Europaschiffe hier das ganze Jahr über fahren.

Manfred Sprinzek vom Verein zur Hebung der Saaleschifffahrt sieht vor allem die Felsenstrecke in den nördlichsten Abschnitten der Saale kurz vor der Elbmündung als Problem. Seinen Worten zufolge sei ein kürzlich im Hafen angekommener Transport mit dem 50-Tonnen-Trafo zwar problemlos durch die Elbe gekommen, in der Saale aber zwischenzeitlich steckengeblieben. Deshalb brauche man den Kanal, von diesem würden auch mehrere Unternehmen ihre Investitionen abhängig machen. Beispielsweise wolle Escosalt in Bernburg ein langes Förderband zur Saale bauen. Von Seiten des Schifffahrtsamtes schwirrte auch eine neue Zahl umher, von 120 Millionen Euro Baukosten war die Rede. Der BUND erwartet hingegen gar bis zu 150 Millionen Euro Kosten für den zehn Kilometer langen Kanal.

Webel erinnerte daran, dass die Saale eigentlich schon abgeschrieben war. Doch das „Unwort“ Restwasserstraße haben dafür gesorgt, dass verschiedene Akteure zusammen reagiert und an einen Tisch gesetzt hätten, Politik und Wirtschaft ebenso wie die Sportschifffahrt.

Ernst Paul Dörfler macht indes deutlich, dass die Schifffahrt im Elbe-Saale-Verkehr auch nach einem Kanalbau mit vielen Einschränkungen leben müsse, wie stark schwankenden und unberechenbaren Wasserständen der Elbe. „Die meiste Zeit des Jahres können wegen zu niedriger Wasserstände die Schiffe nur halb beladen werden. In Trockenjahren ist über viele Monate ein Massenguttransport ganz und gar unmöglich.“ Ein Transport sei so nicht verlässlich planbar. „Eine Verkehrsverlagerung vom Land auf das Wasser wird es damit nicht geben“, so Dörfler. Stattdessen will der BUND auf den Tourismus setzen.