Sieben Millionen Euro für Polymerforschung in Halle

von 25. Mai 2011

Großer Erfolg für die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU): Mit rund sieben Millionen Euro fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) in den kommenden vier Jahren ein Projekt zum Thema "Polymere unter Zwangsbedingungen". Im neuen Sonderforschungsbereich (SFB/Transregio), den die DFG am Dienstag bewilligt hat, kooperiert die MLU mit der Universität Leipzig. Beteiligt ist auch das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik Halle.

Fehlgefaltete Proteine werden bei Krankheiten wie Alzheimer und Creutzfeldt-Jacob beobachtet. Doch wie kommt es zur Fehlfaltung? Verklumpte Proteine trüben die Augenlinse beim grauen Star. Wieso bilden sich die Klumpen? "Bei diesen Prozessen gibt es wahrscheinlich viele Gemeinsamkeiten mit der Strukturbildung in Polymeren – die wollen wir besser verstehen", sagt MLU-Physiker Prof. Dr. Thomas Thurn-Albrecht. Im neuen Sonderforschungsbereich betreiben die beteiligten Wissenschaftler Grundlagenforschung, deren Ergebnisse weit reichende Auswirkungen haben könnten. Übrigens auch im Bereich der synthetischen Polymere: "Hier stehen wir noch vor vielen Rätseln."

Polymere sind allgegenwärtig. "Alle Kunststoffe bestehen aus Polymeren, aber eben auch Proteine und unsere DNA – vereinfacht gesagt alles, was an uns Menschen weich ist", führt der künftige SFB-Sprecher Thurn-Albrecht aus. "Es handelt sich um ein Material, das weder fest noch flüssig ist, mit einem unheimlich breiten Eigenschaftsprofil. Die einzelnen Bausteine können sich organisieren, dadurch entstehen wieder neue Eigenschaften." Die molekulare Ordnung und Beweglichkeit, die in Polymeren oft stark eingeschränkt sind, wollen die Forscher analysieren und kontrollieren, um so die Eigenschaften dieser Materialien besser zu verstehen.

An den SFB-Projekten sind Physiker, Biophysiker und Chemiker aus Halle und Leipzig sowie Materialwissenschaftler aus dem Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM beteiligt. In einem integrierten Graduiertenkolleg wollen sie ihre Erfahrung im Bereich der weichen Materie systematisch an Doktoranden weitergeben.

"Über die Bewilligung der DFG freuen wir uns riesig", sagt Thomas Thurn-Albrecht. "Dieser Sonderforschungsbereich wird uns viele neue Möglichkeiten in der Zusammenarbeit eröffnen. Wir wollen uns als international attraktives Zentrum der Polymerforschung etablieren. Dieses Ziel ist nun ein Stück näher gerückt."

Mit ihrer Entscheidung belohne die DFG auch die Berufungspolitik der Martin-Luther-Universität, ergänzt Rektor Prof. Dr. Udo Sträter. "Die MLU hat konsequent daran gearbeitet, die Polymerwissenschaften in Halle auszubauen und neu aufzustellen. Diese Strategie trägt nun Früchte." Davon profitiere auch die Lehre. Die Studiengänge Physik und Chemie zählen laut CHE-Hochschulranking schon jetzt zu den besten in Deutschland. Zudem bietet die MLU den internationalen englischsprachigen Masterstudiengang "Polymer Materials Science" an, in dem Chemiker, Physiker und Ingenieure eine weiterführende Ausbildung in den Polymerwissenschaften erhalten.

Die SFB/Transregio-Projekte sind eine Variante der klassischen Sonderforschungsbereiche (SFB). Bis zu drei Universitäten können dabei gemeinsam einen Antrag auf Forschungsförderung stellen. Neben dem soeben bewilligten SFB/Transregio-Projekt in den Polymerwissenschaften sind derzeit zwei Sonderforschungsbereiche an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg angesiedelt ("Molekulare Mechanismen der Informationsverarbeitung in Pflanzen"/"Funktionalität oxidischer Grenzflächen"). An weiteren drei Sonderforschungsbereichen ist die MLU beteiligt.