Simone Trieder: „Ich verbinde … – Die ehemalige Hauptpost in Halle“

von 22. Januar 2011

Das prachtvolle Gebäude am Joliot-Curie-Platz (früher Alte Promenade), gegenüber dem Opernhaus, ist Halles ehemalige Hauptpost. Der gründerzeitliche Repräsentationsbau, der mit seinem Turm und den zwei Innenhöfen noch heute wie eine Burganlage wirkt, wurde in Jahren 1892-98 an der neuen Ringbebauung der Saalestadt errichtet. Mit der Gründung einer einheitlichen Reichspost 1875 machte sich die Errichtung eines entsprechend großen Postgebäudes für die „Kaiserliche Oberpostdirektion“ notwendig. Der neuromanische Stil entsprach dabei der staatstragenden Monumentalität der Ära Wilhelms II.

Die hallesche Schriftstellerin Simone Trieder hat nun in der beliebten Reihe „Mitteldeutsche kulturhistorische Hefte“ des Hasenverlages, in der sie bereits mehrfach als Autorin aufgetreten ist, die wechselvolle Geschichte der ehemaligen Hauptpost ausführlich recherchiert und spannend niedergeschrieben.

Sichtbares Zeichen der damals rasanten Entwicklung der Telegrafen- und Fernsprechtechnik war der hohe Turm an der Hauptfront. Den Turm über dem Eingangsportal bekrönte ein 13 Meter hohes Stahlgerüst in Pyramidenform, aus dem sich strahlenförmig die Fernsprechleitungen herauszogen. Als man 1938 jedoch Erdleitungen verlegte, wurde das Gerüst wieder demontiert und der Turm um ein Geschoss gekürzt.

Neben diesen baulichen und technischen Veränderungen war das Gebäude durch seine Lage an der Poststraße (Preußenring, Hansering) häufig Zaungast von politischen Machtdemonstrationen – ob am ehemaligen Kaiserdenkmal aus dem Jahre 1901 oder an der „Roten Fahne“, die 1967 am Vorabend des 50. Jahrestages der russischen Oktoberrevolution eingeweiht wurde.

In den beiden Weltkriegen geriet das Postgebäude selbst ins Schussfeld. So wurde es zu Beginn des Jahres 1919 zum Hauptquartier der Regierungstruppen und am 31. März 1945 wurde das Fernmeldeamt am Martinsberg bei einem alliierten Bombenangriff getroffen und zerstört.

Nach 1945 wurde die Post ein staatlicher, sozialistischer Betrieb und in der Hauptpost zog die Bezirksdirektion ein und ein neues Fernmeldeamt wurde erbaut. Zur Geschichte der Post während der DDR-Zeit gehören aber auch Post- und Telefonüberwachung. Heute hat die Post am Hansering weiterhin eine Filiale. Doch nach der Sanierung 2008/2009 ist hier die Hallesche Wohnungsgesellschaft als Eigentümerin eingezogen. Vor kurzem hat auch der Saalekreis mit einigen Dienststellen in dem Gebäude Quartier bezogen. Die über 100-jährige „Burganlage“ hat also Platz für viele Einrichtungen und Menschen.

Detailliert beschreibt Simone Trieder nicht nur den baulichen Entwicklungsprozess des Gebäudes, sondern verbindet diesen immer wieder mit der Darstellung der technischen Weiterentwicklungen. Zahlreiche historische Fotos veranschaulichen dabei den informativen Text, so dass hier ein Stück Stadtgeschichte verständlich präsentiert wird. Wie immer, ist auch dieses Heft der „Mitteldeutschen kulturhistorischen Hefte“ inhaltlich fundiert, abwechslungsreich gestaltet und besticht durch seine ansprechende Aufmachung.

Manfred Orlick

Hasenverlag Halle/Saale 2011, Heft 21 der „Mitteldeutschen kulturhistorischen Hefte“, 12,80 €, 114 S., ISBN 978-3-939468-57-8