In Beton gegossene Ratlosigkeit

von 20. Juli 2009

Im Eingangsbereich lockte zunächst eine witzige Attraktion. Analog zu den schon in die Jahre gekommenen "Fotofix-Automaten" lädt ein "Zeichenfix-Automat" den Besucher ein. Trashig wirkt die kleine Bude mit den Schlitzen, in die man einen Zettel mit einem wahllosen Begriff einwerfen kann, nach ca. 2 Minuten kommt eine passende Zeichnung heraus. Das Herz der Maschine sind zwei Studenten, die möglichst leise und ganz analog versuchen, den Auftrag umzusetzen. Und es kommt tatsächlich meistens etwas Passendes, Witziges oder Skurriles dabei heraus. Eine nette Idee, die satirisch sowohl das elektronische Zeitalter auf die Schippe nimmt wie auch den schlichten Kunstbegriff und die naive Erwartungshaltung des Publikums an Kunst im Allgemeinen persifliert.

Mit einer gewissen Erwartungshaltung war auch der Rezensent wieder in den Hof der Burg gekommen. Wohl auch in der naiven Sicherheit, hier wie in den vergangenen Jahren eine überzeugende Leistungsschau des Lehr- und Studienbetriebes der Burg vorzufinden. Insbesondere die an der Unterburg vertretenen Kernfächer Bildhauerei, Keramik, Grafik, Glaskunst und vor allem Schmuckgestaltung weckten Erwartungen.

Doch dieses Jahr reihte sich eine Enttäuschung an die andere. Ein trauriges Bild bot der Fachbereich Schmuck. Im Gegensatz zu den Vorjahren, wo eine Vielzahl von teils handwerklich perfekten, teils künstlerisch mal zurückhaltenden, teils klassisch- raffinierten wie auch provozierende Materialkombinationen vertreten waren. Die gesamte Breite der Möglichkeiten zeitgenössischer Schmuckkunst war damals zu sehen. Jetzt dominierte nur eine handvoll Stücke, die in ihrer unsensiblen, bunten Flatschigkeit vielleicht einmal in den 90ern neu waren, heute aber in ihrer Art weder provozieren noch tragbar sind.

Richtig einfallslos sah es auch in der Keramik aus, wo vielleicht die ironisierenden, klassisch gebrannten Nippesfiguren aus weißem Porzellan von Hannes Uhlenhaut (4. Studienjahr) noch überzeugten. Aus verschiedenen Versatzstücken modernen Alltagskitsches zusammenkomponiert, sorgen sie wenigstens für etwas Erheiterung. Neu war das allerdings auch nicht, weil schon in den letzten Ausstellungen zu sehen.

Im Raum ganz versteckt: überraschend detailliert und differenziert ausgearbeitete Kohlezeichnungen von Industrielandschaften (Alexander Schellbach). Kein neues Sujet zwar, aber die Umsetzung in feinstem Kohlestrich machte diese Bilder, deren Vorlage leider zwar die Fotografie deutlich erkennen ließen, wenigstens interessant.

Im Bereich Metall war es vielleicht die Installation "Nachtruhe" von Dana Meyer, die tatsächliches Aufsehen und distanziertes Erschaudern beim Publikum erregte. Eiserne Kakerlaken krabbeln über Bett und Nachttisch, eine plastische Umsetzung eines klassischen Alptraummotives.

Doch neben den wenigen Ausnahmen ist ein gegenüber den Vorjahren bejammernswerter Fall ins Dilettantische, in Ratlosigkeit auf der einen Seite und Effekthascherei auf der anderen Seite zu verzeichnen. Da gibt es bunte Spritzbilder, die die Kunstszene nicht einmal in den 1960er Jahren hätten provozieren können, und deren Technik heute zu den Therapieprogrammen in jedem gehobenen Altersheim gehört. Vermeintliche Antikunst, die vermutlich schon die Dadaisten gelangweilt hätte.
Im Fachbereich Glas hat man den Eindruck, dass dieses Material von den Studenten nicht besonders gemocht wird, und man so nach anderen Materialien ausschaut.

Den Gipfel studentischer Rat- und Hilflosigkeit und professoraler Unlust spürt man jedoch in der Bildhauerei. Waren da noch vor wenigen Jahren beeindruckende Arbeiten aus der Göbel-Klasse zu sehen, gab es jetzt nur noch Übungsarbeiten auf mittlerem und gehobenem Erstsemesterniveau. Es gehört zu den Grundübungen der ersten Studienjahre, Porträtköpfe zu modellieren. Die werden dann mit Gips abgeformt, und wahlweise mit Ton ausgedrückt oder in Beton gegossen. Das sind Übungen des Grundstudiums, seit Jahren an der Burg wie in vielen anderen Kunsthochschulen Europas so praktiziert.
Vorwiegend dieser Köpfe sah man, teils eilig irgendwie zusammengestellt, ein trauriger Anblick, uninspiriert, langweilig.
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