Internationale und improvisierte Hallezinationen

von 15. November 2011

Am Donnerstag startet auf der Kulturinsel in Halle (Saale) das mittlerweile 9. Improvisationstheater-Festival „Impronale“. Experten der Improtheaterwelt aus den Niederlanden, Frankreich, Schweden, aus Magdeburg, Hamburg und Halle begeben sich spielerisch an die menschelnden Brandherde unseres täglichen Lebens. Fünf Ensembles kommen nach Halle und kämpfen bis zum 20. November um die Trophäe, den Improkal. Dazu gibt es auch Workshops.

Auftakt ist am Donnerstag, den 17. November um 20 Uhr im Schaufenster der Kulturinsel Halle mit einer mit einer ganz eigenen Hommage deutscher und slowenischer Improspieler an die Gastgeberstadt. Wie in einer Collage findet sich ein bunt gemischtes Improtheaterteam und lässt sich im Spiel von den Eindrücken inspirieren, die die Stadt Halle in jedem Einzelnen hinterlässt. Aus der Perspektive der Schauspieler und des Publikums werden die Beziehungen der Menschen, die hier leben, gespiegelt. Was denken die Gastspieler und was denkt eine einheimische Spielerin über Halle an der Saale? Was haben sie erwartet? Was nehmen sie mit? Was lassen sie hier? Welche Erfahrungen, Wünsche, Ängste und Hoffnungen verbinden die Hallenser mit ihrem Lebensort? Die einzelnen improvisierten Mosaiksteine lassen aus Fragmenten ein Gesamtbild von Halle entstehen – eine Ansicht aus Geschichten, Monologen und Liedern. Als Akteure hallezinieren: die Improschauspieler Anja Balzer und Philipp Regener aus Bochum; Nadine Antler aus Würzburg; Jürgen List aus Heidelberg; Gregor Moder aus Ljubljana (Slowenien) und Kaltstarterin Katja Blüher aus Halle. Zu allem kreiert Marcus Fischer aus Münster seine musikalische Hallezination.

Ich bin durch das Gesetz geschützt" ist eine improvisierte Clownsshow von Rosemarie und Hallsberg. Zu erleben ist sie als Improvisationstheater am Freitag, den 18. November um 20 Uhr in den Kammerspielen, Kulturinsel Halle. Die Akteure der schwedischen Comedygruppe Dotterbolaget sind neben vier weiteren nationalen und internationalen Gruppen Gäste der 9. Impronale – dem Improvisationstheaterfestival in Halle, das vom 17. bis 20. November die Kunst der gelebten wie gespielten Improvisation vermitteln will. Die Akteure Claes Åström und Camilla Persson greifen ein menschliches Thema auf. „I’m protected by law – Ich bin durch das Gesetz geschützt“ ist eine Show für Erwachsene und über das Altern. Das Publikum steuert aktiv eigene Erfahrungen und Ideen zum Thema bei – die Clowns interpretieren diese und spielen mit diesem Material. Das Aufeinandertreffen der naiven Haltung der Clowns und ihrem Willen, die Fragen über die Ängste und Freuden des Älterwerdens seriös zu bearbeiten, erschafft eine eigene Clowns-Welt. Die manchmal sentimental, manchmal heftig, aber immer in direktem Kontakt mit dem Publikum ist. Menschen in Schweden, Finnland, Dänemark und Deutschland fanden diese in englischer Sprache präsentierte Show sowohl sehr lustig als auch bewegend. Die schwedische Comedygruppe Dotterbolaget wurde 1997 gegründet und produziert zeitgenössische Theaterstücke. Die Akteure Claes Åström und Camilla Persson sind sowohl professionelle Schauspieler als auch enge Freunde. Dotterbolaget bildet eine Plattform, bei der die Mitglieder ihre Traum-Projekte realisieren können. „Ich bin durch das Gesetz geschützt" ist die erste improvisierte Show der Gruppe.

Die Eintrittspreise der Vorstellungen liegen zwischen 6 und 15 Euro (ermäßigt 7,50 Euro). Karten sind über die Theater- und Konzertkasse in der großen Ulrichstraße (Tel 0345.51 10777 Mail theaterkasse@buehnen-halle.de) erhältlich.

Ein Interview mit den Initiatorinnen Franka Söll und Katja Blüher finden Sie auf Seite 2:
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Red: Frau Blüher, was raten Sie dem Festivalbesucher bei völliger Unwissenheit über das Improvisationstheater?

Katja Blüher: Zunächst: Sofort Karten für die Impronale besorgen! Die Eintrittspreise sind mit 6 bis 15 Euro moderat. Karten gibt es an der Konzert und Theaterkasse in der Großen Ulrichstraße 51. Wem das noch zu teuer ist, der kann sich ja von Freunden einladen oder Karten schenken lassen, seinen Studentenausweis wiederfinden und somit weniger bezahlen oder sich Eintrittskarten von Oma finanzieren lassen. Mit den Karten geht man fröhlich und mit offenem Herzen in die Vorstellung – so tun es die Schauspieler auch. Was dann passiert, wissen auch wir nicht. Im Improtheater darf man als Zuschauer auf alles gefasst sein – Dinge geschehen, die in nur diesem Augenblick passieren und nie wieder so zu sehen und zu erleben sein werden. Improtheater ist einmalig, augenblicklich.

Red: Frau Söll, man sagt dem Festival eine freundliche Abzocke im Zuschauerraum nach!?

Franka Söll: (grinst) Hm, eine schöne Umschreibung für unsere Versteigerung; eine Idee, die dazu beiträgt, dass der Kaltstart e.V. das Hallenser Kinder- und Jugendtheaterleben auch weiterhin bereichern kann. Die von einer freundlichen Person auf der Bühne angebotenen Waren – meist aus dem Vereinsfundus – dürfen unbedenklich als einmalig und stilvoll akzeptiert werden. Sie sollten unbedingt ersteigert werden! Wer sich erfolgreich gegen andere Mitbieter auf friedvolle und faire Weise durchgesetzt hat, darf durch herzhafte Umarmungen der Nachbarin, des Nachbarn seine Freude mit uns teilen. Für die Reaktion der Nachbarin oder des Nachbarn übernehmen wir allerdings keine Haftung.

Red: Sie haben jedes Jahr ein beleuchtetes Kunstwerkes auf der Bühne stehen…
Franka Söll: Oh ja, dieses Kunstwerk kann nicht käuflich erworben werden. Es darf auch nicht unbeobachtet fortgetragen werden. Denn es ist weit mehr als schnöde Bühnenkulisse: es ist unser Improkal. Den nicht ein Förderer, nicht der Veranstalter und nicht der Beleuchter bekommt. Es ist der von Christian Günther gestaltete Preis, den das Publikum Samstagnacht, wenn das Turmglöckchen 24 Uhr schlägt, an die beliebteste Improgruppe des Festivals vergibt.

Red: Endet damit das Festival?
Katja Blüher: Noch nicht. Wer unser Festival besucht, ist Samstagnacht nach der letzten Vorstellung herzlich eingeladen, mit uns die Impronale-Lounge – das Casino in der 3.Etage des Neuen Theaters – aufzusuchen. Eine schöne Gelegenheit, mit allen Künstlern gemeinsam zu feiern und dem persönlichen Favoriten huldvoll zuzuprosten. Für die ganz Munteren und Improtheaterinteressierten präsentieren am Sonntagmorgen ab 10 Uhr im Puppentheater die Teilnehmer der Festival-Workshops auf einer (eintrittfreien) Werkschau ihre Ergebnisse. Damit endet dann das Festival tatsächlich.
Franka Söll: Wenn der interessierte Besucher diesen gut gemeinten Ratschläge folgt, ist ihm das Festival und das Impro-Theater nicht mehr fremd. Und braucht er aus unserer Sicht zumindest für dieses Wochenende keinen Arzt oder Apotheker.