Torte zum Hundertsten

von 8. März 2011

Clara Zetkin war es, auf die die Idee des Weltfrauentages zurückgeht. Sie hatte bei der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen im Jahr 1910 in Kopenhagen den Vorschlag gemacht. Schon ein Jahr danach fand die Idee ihre Umsetzung. Unter anderem Deutschland war mit dabei, wenn auch damals noch am 19. März.

Heute nun heißt es 100 Jahre Frauentag. Das wurde am Dienstagnachmittag auch auf dem Marktplatz in Halle (Saale) gefeiert. So wurde eine festliche Cremetorte angeschnitten. Vereine, Parteien und Verbände informierten über ihre Arbeit.

Viele Forderungen von damals sind erfüllt, wie das Frauenwahlrecht. Doch einige Forderungen bestehen weiterhin, wie die nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit, die Verlängerung des Mutterschutzes von 14 auf 18 Monate oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

"Die weitere Ausdehnung von prekärer Beschäftigung bundesweit – wie auch in Sachsen-Anhalt – wird vor allem für Frauen zu einem zunehmenden Problem“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Birke Bull, anlässlich des Frauentages. „Die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern sind nach wie vor markant: Im produzierenden Gewerbe verdienen Frauen fast 400 Euro weniger als ihre männlichen Kollegen. In vielen Branchen, in denen typischer Weise Frauen beschäftigt sind, wird ein Stundenlohn von teilweise weit unter 7.50 Euro gezahlt. So beträgt z.B. der Stundenlohn einer Friseurin nach Angaben des MW-Tarifregisters Sachsen-Anhalt 3.83Euro.“ Auch der Anteil an Teilzeitbeschäftigten sei bei Frauen ungleich höher als bei Männern. Nur 13 Prozent der Erzieherinnen in Sachsen-Anhalt seien beispielsweise vollbeschäftigt. „Eine Folge der Einschränkung des Rechtsanspruches für Kinder arbeitsloser Eltern durch CDU, FDP und SPD.“ Daneben sei laut Bull auch die Armutsgefährdung von Frauen ist deutlich höher als die der Männer. 60 % der Alleinerziehenden, 9 von 10 davon sind Frauen, seien auf Hartz IV angewiesen. „All das macht deutlich: Ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn, ein Vergabegesetz für Sachsen-Anhalt und aus beschäftigungspolitischer Perspektive auch die Wiedereinführung des Ganztagsanspruches für Kita-Plätze wären sinnvolle und vor allem überfällige Maßnahmen, die vor allem Frauen zu Gute kämen.“

„Der 100. Internationale Frauentag ist ein besonderer Jahrestag, steht er doch für ein ganzes Jahrhundert des Kampfes für die Rechte von Frauen. Im Rückblick können wir sagen, dass schon vieles, aber noch längst nicht alles erreicht wurde“, erklärte Katrin Budde, Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion und SPD-Landesvorsitzende. Ein Blick auf die Arbeitsbiographien von Frauen zeige, dass hier die wirkliche Gleichstellung ein Zukunftsprojekt bleibt. „Immer noch verdienen Frauen im Schnitt nur etwa drei Viertel des Durchschnittsgehalts ihrer männlichen Kollegen. Immer noch sind die Karrierechancen von Frauen eingeschränkt, weil sie es sind, die sich hauptsächlich um die Familie kümmern. Immer noch ist es nicht ausreichend möglich, Beruf und Familie problemlos miteinander zu vereinbaren.“ Eine der Grundlagen der modernen Demokratie sei „Ohne Gleichstellung kein Fortschritt!“. Allerdings sei das noch nicht überall angekommen. „So sind in den Führungsetagen der meisten großen Unternehmen in Deutschland Frauen immer noch eine verschwindend geringe Minderheit und die Bundesregierung ist nicht gewillt ist, dies zu ändern. Das ist ein Armutszeugnis im 21. Jahrhundert. Gleicher Lohn für Frauen und Männer, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und eine Frauenquote in der Wirtschaft sind unsere Forderungen für die Zukunft.“

"Es ist ein Skandal, dass die Stelle der Landesgleichstellungsbeauftragten wegen parteipolitischen Gezänks seit zwei Jahren unbesetzt ist", so Claudia Dalbert, Spitzenkandidatin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. "Deshalb nehme ich den 100. Internationalen Frauentag zum Anlass, die Besetzung der Stelle nachdrücklich zu fordern." Landesausgaben sollten künftig konsequent an Anforderungen der Geschlechtergerechtigkeit ausgerichtet werden, so eine weitere Forderung.

„In Sachsen-Anhalt wurden in den vergangenen fünf Jahre keine frauenpolitischen Fortschritte erzielt“, kritisiert der Landesfrauenrat. Seit Jahren versäume es die Landesregierung die Stelle der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten entsprechend zu besetzen. „Ein jahrelang geplantes Konzept zur Entwicklung eines geschlechtergerechten Sachsen-Anhalts liegt nicht vor. Der siebente Bericht zur Umsetzung des Frauenfördergesetzes zeigt, dass Frauen in der öffentlichen Verwaltung in Leitungspositionen faktisch nicht vorhanden sind (Abteilungsleitung: 6 Frauen 53 Männer; Referatsleitung: 74 Frauen, 224 Männer). Und die Wahlprogramme 2011: Sie geben diesbezüglich keine Lösungsvorschläge vor. So dient öffentliche Verwaltung nicht als Beispiel für die Wirtschaft die Frauenquote einzuführen. Gut ausgebildete und motivierte Frauen haben in Sachsen-Anhalt leider weiterhin weniger Chancen als Männer.“

„In vielen Bereichen der Gesellschaft wird die Arbeit von Frauen leider noch immer geringer bewertet und bezahlt“, sagte Sachsen-Anhalts Justizministerin Angela Kolb. „Schon bei Neueinstellungen werden andere Maßstäbe angelegt und Frauen mit ihren speziellen Bedürfnissen, die sich aus der Erziehung der Kinder ergeben, als ,Problemfall’ betrachtet. Nach hundert Jahren Frauenrechtsbewegung ist das nicht hinnehmbar. Es muss heutzutage möglich sein, dass Frauen berufstätig sind und sich gleichzeitig um ihre Familie kümmern können. Unternehmen müssen dafür die nötigen Rahmenbedingungen schaffen. Auch sie profitieren letztlich von den besonderen Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen der Frauen, die Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg sind.“ Im Bereich der Justiz seien in den vergangenen Jahren zahlreiche Maßnahmen umgesetzt worden, um für Frauen aber auch Männer eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. Kolb verweist auf das Angebot flexibler Arbeitszeiten, ein Kontakthalteprogramm während der Elternzeit sowie die Berücksichtigung familiärer Belange bei der Personal- und Urlaubsplanung. „Um auch im Bereich der Justiz Frauen in Führungspositionen zu stärken, richtet Sachsen-Anhalt im Herbst eine Tagung zu diesem Thema an der Deutschen Richterakademie aus“, so Kolb. All die Bemühungen würden schon Früchte tragen. So seien fast die Hälfte aller Richter und Staatsanwälte weiblich sind.