Die Wende: Laut, stark, punkig

von 29. März 2009

Nein, kein Tippfehler: Der Titel der Veranstaltung am vergangenen Samstag im kleinen Saal des Thalia Theaters in Halle (Saale) spie(h)lt auf die Namen der beiden Gesprächspartner an, Jochen Lässig und Sabine Spiehl. Ersterer ist heute Rechtsanwalt in Leipzig und SPD-Mitglied, war aber mal Dissident in der DDR und später Mitbegründer des Neuen Forums. Vor allem durch seine Organisation des Leipziger Straßenmusikfestivals am 10.Juni 1989, die Lässig eine (wenn auch nur kurze) Haftstrafe einbrachte, wurde der ehemalige Theologiestudent ein geeigneter Gesprächspartner für die Thalia-Stipendiatin Spiehl. Diese bringt derzeit am Thalia-Theater im Rahmen ihres STÖRFALL-Projekts junge Musiker zusammen, die sich vor allem mit der Musik vor und nach der Wende beschäftigen. Neben dem Versuch, zu rekapitulieren, „wie das damals war, was wahr war, vor 20 Jahren“ gab es daher auch viel laute Musik, denn den vier jungen Bands wurde erstmals Gelegenheit gegeben, die von ihnen neu-interpretierten Liedern der Vor- und Nachwendezeit vorzustellen.

Dass das Ganze ein wenig Werkstatt-Atmosphäre besaß, störte dabei nicht im Geringsten, sollte dies doch auch nur ein erstes Preview des „Soundtracks“ des STÖRFALL-Projekts sein, das am 17. Juni 2009 Premiere feiert. Und es passte irgendwie auch zu der von Lässig geschilderten Situation zu Wendezeiten, schließlich wusste man damals eigentlich gar nicht genau, wohin es gehen sollte: „Eine Revolution ist nicht mach-bar“, diese habe sich gewissermaßen so ergeben, als den Menschen klar geworden sei, es müsse „jetzt etwas passieren“.

Auf den Titel der Gruppe FROZEN APPLE: „Alte Helden“ angesprochen, offenbarte Lässig, dass er sich eigentlich gar nicht als „Held“ der friedlichen Revolution Ž89 empfinde. Man sei damals mit der Provokation der Staatsmacht ein recht kalkulierbares Risiko eingegangen, er empfand sich eher als Teil einer „Spass-Guerilla“. Die Haft habe für ihn damals keinen Schrecken gehabt, habe man sich doch in der DDR sowieso wie in einem Gefängnis gefühlt.
Die punkige musikalische Begleitung kam an diesem Abend von den vier Hallenser Bands Die Primaten, Frozen Apple, Empty Minds und Mordin Surgery, die die (erstaunlich aktuellen) „lauten Lieder“ von AG Geige, der FIRMA, Lift, Herbst in Peking, Feeling B, den Skeptikern, Müllstation, Freygang und Sandow zum Teil völlig neu interpretierten und Lust auf mehr davon machten. Insbesondere auf die (auch mengenmäßig am besten besetzte) gutgelaunte Truppe der MORDIN SURGERY sollte man in Zukunft Acht geben.

Also nichts wie hin am 17.Juni zum STÖRFALL!