Lesung im Technischen Halloren- und Salinemuseum

von 11. Oktober 2012

Eine sonnige Kindheit konnte ihn nicht davon abhalten, nach riskantem Schulabschluss und brotloser Lehre so schnell wie möglich abzuhauen, wofür er freiwillig und eiskalt berechnend ins Gefängnis ging.

In einem lebendigen Vortrag mit kurzen Leseproben aus seinem Manuskript für ein Buchprojekt berichtet Jannot in deutlicher Sprache vom Alltagsleben in der Diktatur, wie jung sein in der DDR sich anfühlte, wie unangepasstes Verhalten sich rächte, warum es ihn in den Westen zog und wie es ihm im Knast erging. Ehrlich und hemmungslos reflektiert er unerfüllbare Sehnsüchte, groteske Widersprüche und sinnlose Auseinandersetzungen.

Seine Flucht war so abgebrüht und unspektakulär zugleich, dass Zuhörer meist nur mit dem Kopf schütteln, angesichts der Belanglosigkeit, die mitten in Deutschland im Big-Brother-Jahr 1984 in Handschellen in die „Frohe Zukunft“ führte, während wenige Kilometer weiter westlich die Uhren völlig anders tickten. Besonders bizarr sind seine Vergleiche, mit denen er die Ursache und Wirkung von Kleidung, Sprache und Verhalten von damals mit heute zu synchronisieren versucht. Berührend und beschämend zugleich sind auch seine Anekdoten aus der U-Haft und dem Strafvollzug, die vom üblichen Klischee klassischer Berichte über politisch Verfolgte bewusst abweichen.

Der mit Fotos dokumentierte Vortrag „Republikflucht in die Frohe Zukunft“ von und mit Thomas Jannot findet am 16.10. 2012, 18.00 Uhr im Technischen Halloren- und Salinemuseum, Mansfelder Straße 52 statt.

Der Eintritt ist frei.